Kaiser Ferdinands Jost-Bürgi-Kristalluhr mit kleinem Himmelsglobus in Wiens Kunstkammer Eine der beiden astronomischen Tischuhren, die am Samstagvormittag, 4. Mai 2019 in Lichtensteigs Kronensaal der Uhren- und Wissenschaftsexperte Günther Oestmann vorstellt, war von Beginn an als Uhr für den in Wien residierenden Kaiser Ferdinand II. gedacht. Bestellt wurde diese vom Mailänder Kristallschneider Ottavio Miseroni in Schweizer Bergkristall gefasste Uhr vom Fürsten Karl von Liechtenstein. Er schenkte sie Kaiser Ferdinand II. für seine Aufnahme in den Orden des Goldenen Vlieses. Seit der Übernahme der Kaiserkrone vom 1619 verstorbenen Kaiser Matthias war der Liechtensteiner Reichsfürst auf dem Hradschin bis zu seinem Tode Statthalter von Böhmen. Zusammen mit dem Bronzeplastiker Adriaen de Vries, der im selben Gebäude sein Atelier hatte wie Bürgi seine Werkstatt, folgte Jost Bürgi dem Umzugstross nicht, der mit dem neuen Kaiser wieder Wien zur Kaiserlichen Residenz auserkoren hatte. Gleichwohl behielt Bürgi den Titel «Kaiserlicher Kammer-Uhrmacher» bei. Mit dem Wort «Kammer» grenzt er sich von den Turmuhrmachern ab.
An dieser Kristalluhr arbeitete der siebzigjährige Bürgi insgesamt fünf Jahre und integrierte all sein Wissen und Können. So gelang ihm sein Meisterwerk mit dem kleinsten Himmelsglobus, Sekundenzeiger und automatisiertem Zwischenaufzug. Im Jahr der Fertigstellung 1627 starb Karl von Liechtenstein ebenso wie Adrien de Vries. Drei Jahre später verkaufte Bürgi sein Prager Haus und zog zurück nach Kassel, wo er ebenfalls zweimal geheiratet hatte und im 80. Lebensjahr starb. Günther Ostmann kennt beide in der Wiener Kunstkammer ausgestellten Uhren bestens und präsentiert sie am Symposium, wobei die Bergkristalluhr besonders Uhrmacher Oestmanns Herz höher schlagen lässt. Geisteswissenschaftliche Anerkennung zollt Wissenschaftshistoriker Oestmann Bürgis Raffinesse bei seiner bereits 1605 in Prag gebauten Planetenuhr hybrider Weltmodelle und Bürgis kopernikanischer Haltung.
Jost Bürgis Bergkristalluhr mit eingebautem transparentem Himmelsglobus, hergestellt 1622/27 in Prag und heute in der Habsburgischen Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums in Wien
Bürgis Planetenuhr,
Prag 1605
Fritz Staudacher