Links: Jost Bürgi hatte nach Ursus’ hybridem
Kosmoskonzept 1586 diesen Plan und ein dreidimensionales Messingmodell
hergestellt. Ursus veröffentlicht diesen Plan 1588 in seinem Buch «Fundamentum
Astronomicum» und löst damit einen Prioritätsstreit aus.
Messingmodell von Prof. Dr. Günther Oestmann
Es ist selten, dass es wegen einer Konstruktionszeichnung um Leben und Tod geht. Die hier abgebildete Illustration hatte für den Kaiserlichen Mathematikers Nicolaus «Ursus» Reimers leider solche brutalen tödlichen Konsequenzen. All dies spielte sich zwischen 1586 und dem Jahre 1600 ab, in dem Ursus an Schwindsucht starb. Dieses Corpus delicti «Ursus hybrides Modell» ist auch der Mittelpunkt des dritten Referates am Symposiums-Samstagvormittag.
Jost Bürgi hatte nach diesem in Ursus’ Buch «Fundamentum Astronomicum» abgedruckten Plan schon 1586 dessen hybrides Kosmos-Modell aus Messing hergestellt. Jahre später behauptet der mächtige dänische Adelsspross und Astronom Tycho Brahe, Ursus habe ihm dieses Konzept bei einem Besuch gestohlen. Als Brahe mit der Sympathie des Kaisers den Prioritätenstreit zu seinen Gunsten gewendet hat, lässt er Ursus’ wissen, dass er sich schon heute auf die Exekution des Urteils freue, in der dieser gevierteilt und gerädert die Strafe für seine Plagiatslüge erhalten werde. Doch am Vorabend des von kaisertreuen Richtern zu beurteilenden und verurteilenden Vergehens stirbt Ursus an einer Lungenentzündung.
Bürgis hybrides Ursus-Modell rekonstruiert
Der Berliner Professor Dr. Günther Oestmann hatte bis jetzt mit Jost Bürgi mindestens drei Dinge gemeinsam. Beide sind auf meisterlichem Niveau tätige Uhrmacher, Kenner der Astronomie der Frühen Neuzeit und Hersteller eines Mechanik-Modells gemäss Bürgis bzw. Ursus’ Konstruktionsplan. Nun mit seinem Vortrag in Lichtensteig hat er eine vierte Gemeinsamkeit: auch er war am Geburtsort des grossen Toggenburgers.
So exotisch diese Konstellation auch erscheinen mag: es gibt noch eine weitere Koryphäe, die hier mithält: auch der Bürgi-Biograph, ehemalige Direktor des Internationalen Uhrenmuseums in La-Chaux-de-Fonds und bekannte Designer exquisiter Uhren Dr. Ludwig Oechslin verfügt über diese spezielle handwerkliche und mathematisch-theoretische Dreifachbegabung eines Schweizer Uhrmachermeisters, promovierten Physikers und Herstellers einer Replik des von Jost Bürgi gefertigten Ursus-Modells.
Historische und moderne An- und Einsichten
Unterstützt wird Günther Oestmanns Präsentation über die von Bürgi zum Modellbau geleistete Arbeit durch einen kurzen Film des Ursus-Biografen Dr. Dieter Launert über Oestmanns Replika im Dithmarscher Landesmuseum in Meldorf (Schleswig-Holstein) und über die Modellpositionierung zwischen dem alten geozentrischen und unserem heutigen heliozentrischen Weltmodell. Bevor Bernard Schüle, Konservator des Zürcher Himmelsglobus im Nationalmuseum, vor der Kaffeepause die historische Sektion des Symposiums «Mit Bürgi zu den Sternen» mit der Erläuterung der Geheimnisse von Bürgis Meisterwerk abschliesst, wirft Dr. Bernd Braunecker mithilfe seines Computerprogramms Blicke auf all diese Konstellationen, aber auch auf kleinste Veränderungen von Parametern mit der Erkenntnis, dass wir in einer der besten aller möglichen Welten eine Nische gefunden haben und leben. Nach der Pause geht es spannend weiter. Doch darüber mehr in einem anderen Beitrag.
Fritz Staudacher